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Voxson H305
Das erste Mal, dass ich über Voxson Produkte stolperte war eine Anzeige in HiFi Stereophonie 8/74 mit dem Reciever HR-313. Für die Zeit war äußere Form der Komponenten sehr fortschrittlich und vielleicht typisch für italienisches Design der Zeit. Jedenfalls in angenehmen Kontrast zu dem damals üblichen Schuhschachteldesign vor allem japanischer Hersteller (ja, auch dort gab es schöne Verstärker). Weitere Infos zu Voxson Geräte der Serie (oder auch anderer) hab ich nicht gefunden. Auf der italienischen Wikipedia Seite ist die Firmengeschichte von Voxson hinterlegt, durchaus lesenswert, der Eigentümer ließ Ende der 70er Jahre seinen eigenen Sohn entführen, um das in finanzielle Schieflage geratene Unternehmen zu retten.
Bei ebay hielt ich eine Zeit lang nach dem Receiver Ausschau allerdings ohne Erfolg, bis heute hab ich noch keinen gefunden, daher hab ich dann mal den Tuner für 50 € erstanden, der war damals nicht defekt aber auch nicht ganz ok, und es war auch praktisch unmöglich irgendwelche Service Unterlagen zu bekommen. Der Verstärker kam dann später dazu um 35 €. Er war als defekt beschrieben aber zumindest die Frontplatte war kosmetisch einigermaßen in Ordnung. Dass das Gehäuse auf der Seite ziemlich verkratzt war und der Stereo-Schalter abgebrochen und unpassend ersetzt worden war, entging mir erst mal. Auch dass die Füße fehlten wurde verschwiegen. Der Neupreis der Komponenten war damals in GB (andere Infos habe ich nicht gefunden) um die 100 £, was inflationsbereinigt heute ungefähr 1400 € entspricht, also beileibe kein Billigangebot.
So kam das Gerät zu mir, oben die Verkaufsanzeige. Unten der Zustand des Gehäuses, schwarz eloxiertes Alu. Da muss man auf jeden Fall ran.
Ein defekter Verstärker von 1974 sollte auch mich als Elektroniklaien nicht vor unlösbare Aufgaben stellen, daher frisch ans Werk.
Der fast nahtlose Übergang zwischen Frontplatte und Gehäuse erfordert eine versteckte Befestigung der beiden Elemente, was hier witzig gelöst wurde. Mit einer starken Feder werden beide Teile zusammengehalten. Das Chassis wird nach lösen der Schrauben an der Unterseite nach hinten herausgezogen.
Nach Öffnen des Gehäuses ist erst mal nichts Besonderes zu sehen, außer, dass da schon mal einer dran war, er hat einen Kondensator im Netzteil gewechsel, statt 3000 µF wie im Original, jetzt 4700 µF. Das kann so natürlich nicht bleiben, nicht weils nicht funktioniert, sondern weil das einfach Scheiße aussieht.Ansonsten der übliche Dreck von 50 Jahren, zum Teil schon recht verfestigt. Die Endstufen Transistoren vom Typ BDY24 dürften noch die Originalen sein, auf einer Seite jedenfalls durchlegiert, wie sich später herausstellte. Sämtliche Sicherungen waren ebenfalls durch, davon gibt es drei im Gerät, eine Hauptsicherung im Netzteil und 2 Sicherungen für die Lautsprecher, eine Schutzschaltung sucht man vergebens.
Das vordringlichste Problem aller Voxson Geräte dieser Serie ist die Verdrahtung, deren Isolation sich durch Verlust der Weichmacher bröselig auflöst. Kurzschlüsse sind hier natürlich vorprogrammiert.
Ein Teil der Verkabelung war durch den Vorreparateur schon gewechselt, den Rest habe ich ausgetauscht, allerdings muss man ganz schön aufpassen, da die Farbkodierung der Kabel praktisch verschwunden ist, alle Kabeln haben die gleiche rot-braune Farbe. Und natürlich habe ich hier gleich mal einige Drähte vertauscht, wodurch der Balanceregler verrückt spielte. Hat einige Zeit gedauert, bis ich den Fehler gefunden habe.
Wie schon erwähnt musste der Stereoschalter gegen etwas Passenderes ausgetauscht werden. Abgesehen davon, dass die Schalterkappe natürlich nicht passte, steht der Schaltstift schräg aus dem Gehäuse, weil hier ein Zweifachschalter verwendet wurde.
Ich habe mangels passenden Ersatzes dann einen Dreifachschalter eingesetzt, wobei nur 2 Schaltstellungen genutzt werden. Eine einigermaßen passende Schalterkappe wurde mit einem 3D Drucker hergestellt. Bei entsprechenden Lichtverhältnissen, fällt das natürlich auf und vielleicht mache ich mir irgendwann mal was aus Aluminium.
Ein Kanal war tot, die Leistungs- und Treibertransistoren waren durch. Beim Ersatz hab ich es dann geschafft, auch die zweite Seite zu himmeln und noch einen Transistor für die Spannungsaufbereitung mit dazu. Insgesamt habe ich glaube ich drei mal alle Leistungstransistoren und zwei mal die Treiber ersetzt. Man muss richtig aufpassen, weil die TO-5 Gehäuse der Treiber alle die Kollektorspannung führen, und die Kühlfahnen dementsprechend ebenfalls unter Spannung stehen, leicht verursacht man dabei einen Kurzschluss und das wars dann mal wieder mit den Leistungstransen. Als Ersatz hab ich für die BDY24 2N5038 verwendet, geht auch.
Überhaupt die Schaltung. Ein Servicemanual gibt’s nirgends, nur einen Schaltplan von 302, der angeblich Baugleich ist, was aber nicht der Fall ist. Jedenfalls scheint es sich bei der Endstufe um eine Quasikomplementäre zu handeln. Diese Schaltung benötigt üblicherweise einen Ausgangskondensator, damit keine Gleichspannung auf dem Lautsprecherausgang anliegt. Hier gibt’s es sowas nicht, wen es interessiert, die recht ähnliche Schaltung vom 302, der etwas weniger Leistung hat.
Weder für den Ruhestrom, noch für den DC Offset gibt es Einstellpunkte. Der Ruhestrom ist bei der Schaltung minimal, und wenn ich das richtig verstehe, muss er durch beide Endtransistoren gleich groß sein, sonst gibt es Offset. Auf einem Kanal haut das auch einigermaßen hin, hier liegen am Ausgang 30 mV an, was tolerabel ist. Am anderen Kanal sind es aber ca. 200 mV, das wird zwar auch keinen Lautsprecher umbringen, aber es ist unschön. Einen anderen Weg als matchen der Transistoren sehe ich eigentlich nicht, um das Ziel zu erreichen, oder hat wer einen Tip für mich?
Ansonsten war das Übliche zu tun: Schalter- und Potikur. Der Balanceregler ist schon etwas mitgenommen, ein leichtes Kratzen konnte ich ihm nicht abgewöhnen:
Die Netzteilkonsensatoren hab ich durch (optisch) passende 6800 µF/63V Typen ersetzt, der alte 3000er hat schon etwas verdächtig nach ausgelaufenem Elektrolyt ausgesehen.
Nachher:
Die anderen Kondensatoren hab ich gleich mitgewechselt, die hatten zT. nur mehr 50% der Sollwerte.
Gerät nach der Revision:
Das nächste Problem waren die fehlenden Füße, das Original dürfte so wie beim Tuner ausgesehen haben, relativ dünne Streifen aus Weichplastik.
So etwas ist natürlich nicht mehr aufzutreiben, daher habe ich einfach übliche Gerätefüße hergenommen und so geschnitzt, dass sie in die Löcher für die Gehäuseschrauben passten. Die Füße sind schon deswegen wichtig, weil sie verhindern, dass die beiden Trafoschrauben unten am Gerät alles zerkratzen, von der Luftzirkulation her vermutlich eher weniger wichtig. Das Ding zieht im Leerlauf gerade mal 6 W aus der Steckdose, weniger als so manches Gerät im Standby Modus.
Ein paar Messungen, nicht nur, damit man sieht, ob die Reparatur einigermaßen erfolgreich war, sondern auch, weil im Netz so gut wie nichts über diesen Verstärker bekannt ist. Leider gibt es keine technischen Daten, an denen man sich orientieren könnte. Einzig eine schlecht lesbare Anzeige in einem britischen HiFi Magazin nennt ein paar Werte aber außer 0.2% für THD und vermutlich 50W Sinusleistung kann ich nichts entziffern.
Verzerrungsdiagram 1kHz, 1W in 8Ohm. THD ohne Noise ist 0.06% (mit Noise 0.13%), komplett OK für die alte Kiste, etwas Rumpeln und 50/100 Hz Brumm vom Netzteil sind vorhanden. Irgendwelche Übernahmeverzerrungen sind zumindest optisch nicht erkennbar. Der Geräuschspannungsabstand bei 1 W mit dem Nakamichi T-100 gemessen ergibt -77dB (A-gewichtet) und -64dB bei 50 mW. Verglichen mit moderneren Geräten natürlich etwas mager, aber den Hörgenuss mit Kopfhörer trüben diese Werte nicht und ich denke sie sind für einen Verstärker aus dem Jahr 1974 in Ordnung, ein Revox A78 aus 1978 schaffte auch gerade mal 0.1% THD. Auch die Ausgangsleistung liegt mit 50 W (beide Kanäle ausgesteuert) bei der Herstellerangabe, dabei zieht er etwas über 200 W aus der Steckdose.
Frequenzgang des Verstärkers und Einfluss der Klangregler in jeweils min und max Position:
Bei den Klangreglern gibt es keine Klickposition für linear, wenn man die Steller auf die Mittenposition bringt, ergibt sich aber ein hinreichend linearer Frequenzgang. Für meinen Geschmack reicht die Wirkung der Klangsteller zu weit in den Mittenbereich hinein.
Hier der Frequenzgang linear, mit Höhen- und Tiefenfilter und Loudness bei 1W (ungefähr 11h Stellung des Lautstärkereglers):
Einsatzfrequenz ca 50Hz und 5kHz mit 12dB/Okt. Für einen Subsonicfilter ist die Einsatzfrequenz etwas hoch, aber das ist bei vielen Verstärkern der Fall.
Die Loudness Charakteristik bei 12h Reglerstellung (wenn ich mich recht erinnere) und Reduktion um jeweils 10 dB:
Ob das past, hängt vom Wirkungsgrad der Lautsprecher ab. Insgesamt eher eine Baßbetonung, die Höhen werden kaum angehoben.
Schließlich durfte sich der Verstärker zum dazugehörenden Tuner gesellen, wobei man die beiden eigentlich nicht aufeinander stellen sollte. Das Design spricht dafür, dass der Tuner links vom Verstärker stehen sollte, dann ergibt sich ein harmonisches Miteinander.
Insgesamt ein kleiner feiner Verstärker mit 38.5 cm Breite und ca. 10kg Lebendgewicht, wobei 9kg allein auf den recht kräftigen Trafo fallen. Klanglich tadellos, soweit ich das bisher beurteilen kann, von den Messwerten her einer Klirrgurke wie dem Musical Fidelity A1 auch nicht unterlegen und dabei noch mehr als die doppelte Ausgangs- und 1/14 der Leerlaufleistung.
Mal sehen, wo ich den noch unterbringen kann.
Zum Schluss noch was, was mir weniger passt: diese Lautsprecheranschlüsse sind einfach eine Pest, besonders dann, wenn die Schrauben schon abgenudelt sind:
#2
Die Voxson Produkte sind qualitativ sicherlich kein Maßstab, wer sie aus irgendwelchen emotioneln Gründen sucht,
hat natürlich mein Verständnis.
Ich hatte damals, passend zur gezeigten Serie, einen Voxson GN308 in absolutem Bestzustand und habe ihn leider
für ein viel zu kleines Geld verkauft.
Dieser Hersteller hat das 8-Track System in Europa salonfähig gemacht, ein entsprechendes Autoradio hatte ich früher auch,
allerdings nie eingebaut.
Sehr interessanter Beitrag, vielen Dank dafür. In den 1970er Jahren besaß ich einen kleinen s/w-Fernseher mit sehr außergewöhnlichem Design (das war der Grund für meine Kaufentscheidung) von Voxson, das Modell hieß T1102.
gewerblicher Geraffelrestaurator - arbeitet seit 1969 in der Hifi-Branche
#4
#5
Ein schöner Bericht über 2 heute recht seltene Geräte. Meines Wissens nach wurden Voxson Geräte nicht im normalen Fachhandel verkauft, sondern in spezialisierten Läden, die mit Design Möbeln und Lampen handelten.
Auch Brionvega Geräte wurden in solchen Läden verkauft, ebenso in den 70ern Space Design Geräte von Weltron und JVC. In Bochum gab es z.B. einen solchen Laden, der bis in die 2000er existierte.
Gruß
Andreas
Klar, technisch bieten die Geräte nichts Aussergewöhnliches. Den Verstärker habe ich mir nur zugelegt, weil ich was passendes zum Tuner wollte. Brauchen kann ich die Dinger eigentlich nicht wirklich. Insofern war meine Erwartung an so ein altes Ding eher niedrig. Dass es aber ganz anständig funktioniert, hat mich positiv überrascht.
#7
Ich mag so'n Design Zeugs ja auch und bin immer wieder erstaunt, wie gut heute Geräte von Sonab oder Weltron auch ohne große Überarbeitung noch funktionieren.
Mein Weltron Kugelradio mit 8 Track Laufwerk hatte ich dieses Jahr Spaßeshalber im Vintageraum des Analogforums in Moers ausgestellt. An dem Gerät habe ich vor Jahren lediglich den alzersschwachen Riemen für den Capstanantrieb gewechselt und die kratzenden Potis mit Bsllistol behandelt.
Das Dingens war der Hingucker und funktionierte nach wie vor einwandfrei. Lediglich die Klangqualität ist etwas gewöhnungsbedürftig.
Gruß
Andreas
Zum Audiotester:
Kann man die Skalierung anstelle von dBV auch in dBr darstellen, und die Fundamentale auf 0 dBr skalieren? Zur Berechnung von THD macht die Software das (intern) bereits, da man von jeder Harmonischen etwa 9 dB abziehen muss, um ihren tatsächlichen Wert zu erhalten. So wie es die Software grafisch darstellt, kann man die Werte nicht direkt ablesen.
Ja, das geht, sieht dann so aus:
Obwohl mir gerade aufgefallen ist, dass ein Teil Verzerrungen höherer Ordnung auch da sind, wenn der Verstärker ausgeschaltet ist, keine Ahnung, wo ich mir die bei der Messung einfange. Auf die Schnelle bin ich jetzt nicht dahinter gekommen.
Viele Grüße
Lukas
Zitat
dass die Störungen nicht direkt aus der Karte kommen.
Sind die Störungen auch bei etwa 3,5KHz zu sehen, wenn der Eingang der Karte mit 50 Ohm abgeschlossen wird?
Ist die Ursache der Generator , oder der Analyzer? (Zweiter Aufbau oder Meßgerät nötig)
Ich erinnere mich an einen Fall, in dem es die Festplatte war. Dort schwirren einige Störungen in diesem F-Bereich auch auf den Betriebsspannungen.
Andere HD probieren, und beobachen, ob und was sich verändert.
Ganz allgemein muss man festhalten, dass eine Soundkarte (egal weklche) nicht als Meßgerät entwickelt wurde, und man daher mit Störungen aus dem PC , dem Netzteil, oder eben der Karte selbst rechnen muss. Manchmal kann man sie verringern, manchmal aber auch nicht.
Diese Störung ist aber schon sehr auffällig. Ich habe damals mit der X-Fi Elite Pro gemessen, die unter´m Strich bessere Ergebnisse (unabhängig von dieser Störung) erreichte. Heute kostet diese Karte nichts mehr....Damals war sie mit 450 € relativ teuer.
#13
#15
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