Technics SU-V8 "Synchro Bias"

14.10.2023 21:00 (zuletzt bearbeitet: 15.10.2023 16:44)
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#1
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So gegen Mittag trudelte heute "Peter" aus dem Forum bei mir ein. Unterm Arm seinen neu erstandenen Sony PS X-70 Plattendreher (mit Fehler) und einen Technics SU-V8 vom Wertstoffhof.
Warum finde ich sowas eigentlich nie? ;)
Den X-70 haben wir dann "live" gemeinsam repariert. Peter schraubt die Deckel ab, und ich messe ;) Die Soffitte der Endabschaltung brannte nicht mehr, da ein Transistor für die Ansteuerung der Lampe defekt war.

Der SU-V8, der trotz kleinerer Blessuren gar nicht mal so schlecht ausschaut schaltete die Lautsprecher nicht frei. Wie wir alle wissen, ist die Vorgehensweise in so einem Fall immer die selbe.
Der Fehler kann einerseits in der Schutzschaltung selbst, oder aber in einem, oder beiden Endverstärkern zu finden sein. Also zuerst vor dem Relais die Gleichspannung messen, die im linken Kanal bei -50V lag.

Der 8er war wohl der Größte Verstärker der Serie.


Die vier 10mF Elkos kommen noch auf etwa 8,5 mF (100Hz) bei niedrigem ESR. Ausserdem sind sie dicht, können also problemlos weiterverwendet werden.


Peter hat das Gerät vorher bereits gründlich gereinigt, und sogar das Relais ausgebaut und überprüft. Soll "wie neu" gewesen sein....Ich habe das nicht weiter überprüft und glaube ihm das mal. ;)
Wird sich zeigen, ob es stimmt. ( es stimmte)

Vier MT200 Leistungstransistoren pro Kanal. Links erkennt man eine (von zwei) Blechhauben, unter der ein paar Bauteile für die Synchro Bias Schaltung versteckt sind.
Das ist nichts anderes, als das ein wie üblich relativ niedrig eingestellter Ruhestrom, der über das Eingangssignal dynamisch nach oben hin verschoben wird. Mit einem kleinen Test, kann man prüfen, ob die Schaltung arbeitet.
Wenn man einen normalen AB Verstärker mit beispielsweise 50mA Ruhestrom ohne angeschlossene Last ansteuert, und seine Stromaufnahme währenddessen über ein Amperemeter beobachtet, stellt man fest, dass sie sich nicht verändert.
Anders beim V8. Hier schnellt das Amperemeter mit steigender Ansteuerung -ohne Last am Ausgang- deutlich in die Höhe, da der Ruhestrom mit der Eingangsspannung steigt. Das Ganze muss natürlich "gedeckelt" sein. Es gibt also ein Fenster, in dem sich der Ruhestrom bewegen darf. Dieses Fenster ist hier relativ groß, sodass der Strom am RTT, ohne Last von ca. 200 mA durchaus 600mA erreicht, was eine Vervielfachung des ursprünglichen Ruhestroms ohne Signal bedeutet.


Die Suche nach Kaltlötstellen blieb ohne Ergebnis.


Zwei undichte Elkos fielen auf und wurden erneuert. Die meisten waren unauffällig und auch dicht.


Die Schalter waren erstaunlich gut in Schuss. Lediglich der Direktschalter brauchte eine Wäsche, damit er ruhig wurde.
Der eigentliche Fehler in der linken Endstufe war schnell gefunden. Ein paar Messungen im Bereich der Stromverstärkung blieben erfolglos...Alle Halbleiter OK.
Beim V-8 kann man die Suche beschleunigen, indem man das räumlich getrennte, und über Steckverbinder lösbare Frontend temporär abklemmt (bitte in ausgeschaltetem Zustand) , und dann ohne Frontend wieder hochfährt.
In diesem Zustand blieb der Ausgang gleichspannungsfrei, was auf einen Fehler im Frontend schliessen lässt.



Die ziemlich aufwendige Schaltung :


Q313 und 315 (auch auf dem Foto zu erkennen) werden gut 60 Grad warm, was an sich kein Problem ist. Immerhin hat das Gerät so über 40 Jahre lang funktioniert. Dennoch war Q315 defekt.

Die Platine ist mit nur einer Schraube befestigt. Es lässt sich ganz ausgezeichnet und komfortabel daran arbeiten.

Danach noch die Abgleichpunkte kontrolliert, die aber alle im grünen Bereich lagen.

Obwohl der V8 das Spitzenmodell war, gab es auch hier nur die absolut miesesten Lautsprecherklemmen. Da dort kein "solid core" rein sollte, musste ich ein paar Litzen für die Vermessung verwenden.


Während der Messungen fiel mir auf, dass ein Kanal in der FFT Verzerrungen zeigte, die ich mir nicht erklären konnte. Da K3 aber bei lediglich -98 dB lag, habe ich das erstmal ignoriert, bis der Kanal nach feinfühligem Drehen am Lautstärkeregler komplett ausfiel, bzw. kaum noch Pegel lieferte. Verantwortlich war das vierfach Potentiometer, dem ich erst gar keine Beachtung schenkte, da es erst mal funktionierte. Nach gründlicher Testanoldusche und vielfachem Drehen war dann alles wieder OK, und auch die geringen Verzerrungen waren verschwunden.



Ein paar Messungen:

FFT Ch1&2 , 1W,8R, 1KHz. Keine Harmonischen erkennbar. Netzstörkomponenten harmlos.


Amplitudenfrequenzgang, 1W,8R , Differenz durch Potentiometertoleranz. Hier etwa 10 Uhr Pos. Etwa 100KHz -3dB


Blau, DC Direkt, Rot, via tone in Neutralpos, Magenta, Hi Filter und gutes Subsonic Filter, Schwarz Loudness, Cyan, Super Bass max.


THD&N vs. Power, 1KHz, 8R bcd 110W x2, 1%


Und nochmal 4R, ca. 150W x2 ,1%


Phonostufe, gemessen über Tape rec.

RIAA, Abweichung nicht nennenswert. Übersteuerungsreserve hoch, Plot leider gelöscht ;).


Geräuschspannungsabstand Phono : -92 L / -93 R dBA , Bezug 5mV ...Exzellent.
Verstärkung 36 dB, Eingangswiderstand 47 K , Eingangskapazität 155 pF

Die Messung der Eingangsimpedanz übernimmt hier übrigens eine Ando 4311 . Es gibt nicht besonders viele Messbrücken, mit denen man das zuverlässig messen kann. (habe einige ausprobiert)



Peter....kannst abholen ;)


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14.10.2023 21:38
avatar  hififan
#2
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Klasse Bericht. Warum waren nur 2 Elkos undicht? Andere Serie? Oder waren die an dieser Stelle hochbelastet?

Schönes altes Geraffel? Her damit!

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14.10.2023 21:41
avatar  Scope
#3
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Die blauen Matsushita sind häufig undicht. In manchen Geräten aber auch nicht. Hier waren es 25V Typen, die undicht wurden. Das dürfte mit der damaligen Fertigung zussammen hängen. Eventuell schlechte Chargen ?


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14.10.2023 23:42
#4
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Zitat von Scope im Beitrag #1
Die Schalter waren erstaunlich gut in Schuss. Lediglich der Direktschalter brauchte eine Wäsche, damit er ruhig wurde.


Das ist innerhalb dieser Serie wirklich sehr selten, besonders den Schiebeschaltern mit Schaltband geht es meistens echt schlecht.

Gruß
Michael

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15.10.2023 09:32 (zuletzt bearbeitet: 15.10.2023 10:03)
avatar  Scope
#5
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Alte Kisten haben ganz allgemein Probleme mit den Schaltern. Es kommt aber auch darauf an, ob sie -vor allem- in der Zeit bis zur Überprüfung regelmäßig geschaltet wurden, was bei normalem Einsatz eher nicht zu erwarten ist. Bei eingelagerten, vergessenen Geräten erst recht nicht.
Ich würde den Zustand der Schalter "grob" in Klassen einstufen. 1. Funktionslos, kein Kontakt herstellbar, 2. Aussetzer, die man durch einige Schaltvorgänge unregelmäßig und vorübergehend beheben kann, 3. Qualitätsreduzierung durch die Kontakte, die tatsächlich nicht hörbar, aber meßbar wird. Letztere hat man z.B. auch an Relais mit Kontaktstörungen, obwohl man akustisch zunächst noch nichts davon bemerkt.

Der Technics hatte tatsächlich nur am Direktschalter ein Problem der "Klasse ;) 2"
Der Rest machte keinen Ärger und schaltete sauber. Ich habe allerdings auch nicht alle rec-Source Positionen, und auch nicht alle Eingänge geprüft. Da könnte also rein theoretisch noch was kommen. Es handelt sich hier ja ausdrücklich nicht um eine "Revision". Die würde kaum einer für so einen Kasten bezahlen wollen....oder doch?


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17.10.2023 19:08
avatar  MK1974
#6
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Hallo Andreas,

auch wenn ich normalerweise immer im OF mitgelesen habe, bedanke ich mich hier mal für Deine tollen Reparaturberichte und Messungen. Ich bin technisch kein Fachmann, lese mir Deine Berichte jedoch immer gerne durch und lerne dazu. Hierfür mal ein dickes Dankeschön!!!

Viele Grüße
Markus


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